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Hilfe, mein Hund spielt nicht! Tipps zum Aufbau des Spieltriebs bei Gebrauchshunden

Dieser Artikel richtet sich in erster Linie an Halter und „Nutzer“ von sogenannten Gebrauchshunden. Als solche bezeichnet man gemeinhin Hunde, die für einen Job gezüchtet wurden und die auch für diesen Job angeschafft wurden.

Das kann entweder der Dienst als Schutz- und Begleithund im Sicherheitsdienst sein (behördliche Hundeführer wissen ohnehin schon alles, dürfen aber natürlich auch gern heimlich mal spicken kommen…), oder auch als Sporthund für den ambitionierten Hundesportler.

Solche Hunde kommen in aller Regel mit einem bestimmten Set an Bedürfnissen und Vorlieben. Früher nannte man das „Triebausstattung“ — und ich nehme mir die Freiheit heraus, auch heute noch von „Trieb“ zu sprechen, einfach, weil es in der Welt des Hundesports ein feststehender und gut verstandener Ausdruck ist für das, was ich bezeichnen möchte — auch ohne dass ich dem falschen Lorenz’schen Gedanken eines an die Hydraulik angelehnten Triebmodells anhänge.

Das, womit wir dem Hund bestimmte Handlungen in der Ausbildung für Sport und Dienst schmackhaft machen, kommt entweder aus dem Bereich der Motivation zu Beutespielen, oder aus der schlichten Verfressenheit. Der Hund lernt, dass, wenn er eine bestimmte Belohnung haben möchte, ein bestimmtes vorangehendes Verhalten die Wahrscheinlichkeit signifikant erhöht, diese Belohnung zu bekommen.

Futter und Spielzeug sind, neben dem persönlichen Lob, also die beiden Hauptpfeiler für das, was wir dem Hund beibringen möchten. Beides ist gut, beides hat seine Berechtigung. Beides hat Vor-, aber auch Nachteile.

Vorteile von Futter:

  • Zieht fast immer.
  • Es unterbricht die Handlung nicht. Ich muss die Übung nicht wieder neu aufbauen nach dem Belohnen.
  • Es macht den Hund nicht übermäßig aufgeregt. Eine präzise Übungsausführung wird erleichtert.

Nachteile von Futter:

  • Es nutzt sich ab (spätestens, wenn der Hund satt ist)
  • An Stellen, wo ich den Hund trieblich hochziehen möchte, reicht mir das Futter nicht — es sei denn, ich habe einen Profi-Fresser, wie Retriever oder Spaniels.

Vorteile von Spielzeug:

  • Es nutzt sich nicht ab, wenn man es richtig anfängt. Der Trieb steigert sich sogar noch bei häufigem Einsatz.
  • Ich kann den Hund leicht in eine freudige Erwartung bei hoher Trieblage versetzen, macht dadurch viel „Ausdruck“ in der Vorführung.

Nachteile von Spielzeug:

  • Viele hochtriebige Hunde werden schnell völlig „drüber“ (“Trieb macht doof”), können sich selbst nicht mehr regulieren und arbeiten dann entsprechend unpräzise — was oft dummes und unnützes Strafen nach sich zieht. Aber das ist ein anders Kapitel.
  • Die Übung wird durch die Belohnung immer, wenn auch kurz, unterbrochen.

Wir sind uns also einig: es ist ideal, wenn mein Hund an beidem stark interessiert ist; an Spiel und Futter.

Was aber, wenn mein Hund zwar gern frisst, aber am Spiel kein großes Interesse hat? Bleiben mir dann bestimmte Sparten in der Ausbildung verschlossen? Immerhin beruht die Hauptmotivation für die Arbeit mit dem Schutzdiensthelfer (egal ob IGP, Mondioring oder in der dienstlichen Arbeit) erstmal auf der Lust, die Beute (Beinmanschette, Schutzarm) zu fassen, zu halten und zu besitzen. Auch für den Spürhund ist ein solider Spieltrieb meiner Ansicht nach unverzichtbar für eine stabile, konzentrierte Arbeit, die nicht anfällig für Außenreize ist.

Trotzdem muss ich auf nichts verzichten. Ich kann meinem Hund das Spielen einfach beibringen, wie jede andere beliebige Übung auch. Voraussetzung: fressen muss mein Kandidat schon. Ist er weder an Futterbelohnung noch am Spiel interessiert, wäre das bei mir ein Kandidat für’s Sofa, aber nichts für den Platz, und nichts für den Dienst.

So baust du den Spieltrieb auf

Zuerst geht es mir darum, dass mein Hund starkes Interesse an einem Spielgegenstand entwickelt. Idealerweise nehme ich einen Gegenstand, der gut geeignet ist, um Zerrspiele damit zu spielen. Eine schöne, weiche, nicht zu dünne Beißwurst mit zwei Schlaufen dran ist ideal.

Schritt 1: Der Anfang

  • Mein Hund sitzt vor mir, oder seitlich von mir.
  • Ich nehme die Beißwurst, und halte sie so hoch, dass er gerade nicht drankommt.
  • Jetzt lege ich — sehr interessant — einen Futterbrocken auf die Beißwurst und klemme sie mit dem Daumen etwas fest.
  • Ich beuge mich langsam zum Hund und lasse ihn den Brocken von der Beißwurst runterfressen.
  • Das mache ich vielleicht zehn Mal, dann lege ich Futter und Beißwurst weg, gehe eine oder zwei kleine Runden mit meinem Hund, um ihn aufzulockern.
  • Dann wiederhole ich das Ganze.

Diese Übung kann ich 3 oder 4 Tage hintereinander mehrfach wiederholen, so wie oben.

Schritt 2: Etwas Abstand

  • Mein Hund sitzt ein klein wenig entfernt von mir und muss sitzen bleiben, bis ich umständlich das Futter auf der Beißwurst habe. Dann darf er kommen um es zu holen.
  • Jetzt variiere ich: mal halte ich die Beißwurst seitlich von mir, mal ganz unten in Bodennähe, dann wieder etwas entfernt vom Hund, der erst nach Erlaubnis kommen darf, um den Futterbrocken von der Beißwurst zu nehmen.

Schritt 3: Werfen einführen

  • Du stehst, der Hund sitzt neben dir.
  • Den Futterbrocken hältst du in einer Hand „im Anschlag“, in der anderen hast du die Beißwurst, die du jetzt etwa zwei Schritt vor euch auf den Boden wirfst.
  • Auf dein Signal hin springt ihr gemeinsam zur Beißwurst und du legst schnell den Futterbrocken drauf, den der Hund sich dann runternehmen darf.

Auch das kannst du in den nächsten drei oder vier Tagen mehrfach wiederholen.

Wenn du merkst, dass dein Hund beginnt, Interesse an der Bewegung der Beißwurst zu entwickeln, dann hast du gewonnen.

  • Erst dann darfst du einmal die Beißwurst „leer“ werfen und springst dann mit deinem Hund zusammen hin, so, dass der Hund etwas vor dir an der Beißwurst ist, und ohne dass du gleich einen Brocken drauf legst.
  • Die geringste Berührung der „leeren“ Beißwurst mit der Nase oder dem Fang, und es gibt Party mit einer ganzen Anzahl Futterbrocken auf der Beißwurst.

Jetzt variiere:

  • Geh wieder zurück zu einem der vorigen Schritte, dann wieder die „leere“ Beißwurst werfen mit Brocken bei Eurem Eintreffen, dann die „leere“ Beißwurst mit Brocken, erst wenn der Hund sie mit dem Fang berührt, immer abwechselnd.
  • Wirf die Beißwurst jetzt mal etwas weiter, sodass dein Hund als erster dort ist, und schau, was er macht.
  • Nimmt er sie auf: BINGO! Große Party, viele Futterbrocken auf der Beißwurst, und Ende der Übung für heute.

Fazit: Es lohnt sich!

Wenn das Verhältnis deines Hundes zu seinem Spielzeug stabil genug ist, kannst du es dir entweder bringen lassen, oder du machst eine lange Leine dran (nicht an den Hund, ans Spielzeug!) und zergelst mal ganz sachte mit ihm. Gefällt ihm das — super!

Lass ihn in einem Zimmer warten, während du im Nebenraum die Beißwurst versteckst. Mach’s leicht am Anfang! Schick ihn dann, sein Spielzeug zu suchen, und freu dich, wenn er es gefunden hat und es dir womöglich bringt, oder einfach nur etwas herumträgt.

Das baust du jetzt nach und nach weiter auf, bis dein Hund begriffen hat: er möchte Futter, das hast du, und seine „Währung“, um das Futter von dir zu bekommen, ist die Beißwurst.

Auf diese Weise bekommst du deinen verfressenen Hund dazu, dass er völlig verrückt nach seinem Spielzeug wird, und jeder wird dich zu deinem großartigen Spieler beglückwünschen!

Lass uns wissen, ob’s geklappt hat, ja? Schreibe gern hier in den Kommentaren, ich bin schon gespannt.

Und noch ein Nachwort an alle Clicker-Fans: Klar kann man das auch alles clickern. Das Clickern liegt aber nicht jedem, und wie man sieht: es geht auch so, und es macht sehr viel Spaß!

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